Rechtsetzung gemeinsam gestalten
Mensch-zentrierte Entwicklungsansätze im legislativen Kontext
Sachverständigenleistung von Caroline Paulick-Thiel für das Referat 133 (Geschäftsstelle Bürokratieabbau) im Bundeskanzleramt, Berlin, Oktober 2017
„Weil unsere Lösungen in einer Zukunft überleben müssen, die sich von heute unterscheidet, wird die Fähigkeit, effektiv zu gestalten, immer wichtiger. Wir müssen die Gesellschaft im Hinblick auf die Zukunft entwerfen und uns nicht auf eine Vergangenheit beziehen, die zunehmend weniger Relevanz für die Probleme hat, denen wir heutzutage begegnen; wir müssen bessere und nachhaltigere Lösungen mit Phantasie und unserem Talent für Kreativität und Gestaltung realisieren.“ (Mulder 2011)
Verwalten und gestalten
Die zeitgemäße Gestaltung des öffentlichen Sektors und die damit zusammenhängenden Veränderungen stellen tradierte Arbeitsweisen in Politik und Verwaltung weltweit auf den Prüfstand. Bürokratien mit vielen tausenden Mitarbeitenden, stehen heute vor der Herausforderung, nicht nur über Gesetze und Mittel zu wachen, sondern auch neue Beziehungen zwischen intersubjektiven Realitäten (Harari 2017) und ökologisch-sozialen Konsequenzen herzustellen.
In Deutschland konzentrieren sich bundesweite Zukunfts- und Innovationsstrategien hauptsächlich auf die Förderung von Technologien zur Lösung komplexer gesellschaftlicher Problemstellungen (BMBF 2017). Das ist nachvollziehbar, jedoch ist nachgewiesen, dass technologische Neuerungen nur dann zu einer wünschenswerten Transformation unserer Gesellschaft beitragen, wenn sie in Verbindung mit sozialen Innovationen ihre Wirkung entfalten können und eine kulturelle Einbettung erfahren (Buchanan 2001, Jahn et al 2012).
Komplexität begegnen
Speziell im Bereich der Rechtsetzung zeichnen sich Problematiken ab, für die nicht nur eine geeignete Lösung gelten kann, sondern bei denen die Rahmung unter den Akteuren umstritten ist, also Problemursachen, Ziele und Verantwortlichkeiten Gegenstand einer diskursiven Auseinandersetzung sind (Hagan 2017). Für die Bearbeitung dieser sogenannten „wicked Problems“ (Rittel und Webber 1973, Buchanan 1992, Checkland et al 2006, Ferlie et al 2011) werden in den Transformations- und Verwaltungswissenschaften transdisziplinäre Vorgehensweisen und organisationale Lernprozesse besonders thematisiert (Jacob et al. 2015).
Im Fall von unklaren Problemumrissen und „weichen“ Zielen sind demnach soziale Lernprozesse erforderlich, die zur Anpassung von Leitvariablen, Zielen oder diskursiver Rahmung beitragen und als „double-loop learning“ (Agyris und Schön, 1996) bezeichnet werden. Die Praxis zeigt, dass dieses Lernen in Organisationen sehr gefragt und schwierig umzusetzen ist, denn „double-loop learning“ tritt ein, wenn Fehler erkannt und auf eine Weise korrigiert werden, die Änderungen der zugrundeliegenden Normen, Richtlinien und Ziele einer Organisation beinhaltet (Smith 2001).
Legitimiert experimentieren
Um die damit verbundenen Lernprozesse im Politikzyklus sinnvoll zu begleiten, experimentieren Innovationsräume im öffentlichen Sektor seit mehreren Jahren gezielt mit partizipativen und kreativen Methoden (Bason 2010, 2017). Dafür sind legitimierte Experimentierräume innerhalb politisch-administrativer Strukturen hilfreich, in denen übergreifende Fragestellungen bearbeitet werden und konkrete Ergebnisse entstehen können.
Hervorzuheben ist dabei eine kontinuierliche Auseinandersetzung mit Gestaltungsansätzen, die bewusst Menschen in ihrer Umwelt in den Mittelpunkt der Entwicklung von öffentlichen Produkten, Dienstleistungen und Veränderungsprozessen stellen (Buchanan, Junginger). Ansätze aus der mensch-zentrierten Gestaltung verbinden Kreativität mit Machbarkeit. Dabei werden Ideen für Prozesse und Dinge entworfen und realisiert, die intuitiv und wertvoll sind, mit denen Menschen gern interagieren. Es gibt verschiedene Bereiche, die definiert sind durch die Art der Herausforderung, die es zu bearbeiten gilt von Informationen, Produkten und Dienstleistungen bis hin zu Organisationen und Systemen (siehe Matrix Buchanan). Auch diese Vorgehensweisen ermöglichen technologische Innovationen, jedoch unter Mitarbeit von Repräsentationsgruppen unterschiedlicher Bedürfnisse.
Gestaltungsoptionen erkunden
International erprobte Strategien aus der mensch-zentrierten Gestaltung können die Handlungsoptionen öffentlicher Organisationen erweitern (Junginger 2015) und eine gerichtete Zusammenarbeit innerhalb und zwischen Organisationen stärken.
Die damit verbundenen Verfahren und Methoden (z.B. Design Thinking aber auch Theory U, Art of Hosting u.a.) unterstützen eine multiperspektivische Kooperation durch empathische Rechercheansätze und die Explizierung impliziten Wissens, da sie speziell für die Bearbeitung komplexer Problemstellungen entwickelt wurden (Kimbell). Die kollektive Intelligenz der Teilnehmenden wird genutzt, um praxisrelevante Antworten für Herausforderungen zu entwickeln, die sich ganz konkret an den Bedarfen und Fragestellungen der betroffenen Zielgruppen orientieren.
Dokumentation der Zusammenarbeit
Rechtliche Gestaltung bietet Wege zur Beurteilung und Entwicklung von Informationen und Interaktionen im gesamten Rechtszyklus. Der Fokus liegt dabei darauf, wie anwendbar, sinnvoll und motivierend damit zusammenhängenden Produkte und Dienste für die Menschen sind, die sie schaffen und nutzen (Hagan 2017).
Unter Einbindung relevanter Zielgruppen kann rechtliche Gestaltung ganz unterschiedliche Möglichkeiten eröffnen:
- Informationen auf sinnvollere und verständlichere Art und Weise kommunizieren
- Ideenentwicklungen für wünschenswerte Produkte und Dienstleistungen fördern
- Soziale und technologische Innovationen innerhalb oder zwischen Organisationen verbinden
- Empathische Interaktionen zwischen Menschen und wirkungsorientierte Zusammenarbeit unterstützen
Um sich dabei nicht nur auf international erfolgreiche Beispiele zu beziehen, haben Mitarbeitende der Bundesregierung Ansätze aus der mensch-zentrierten Gestaltung (Human Centered Design) anhand einer für sie relevanten Herausforderung im Bereich der Rechtsetzung getestet.
Zu viele Daten, zu wenig Information
Die Geschäftsstelle Bürokratieabbau steht wiederholend vor der Frage, in anschaulicher und überzeugender Weise die Verfahren und Funktionen darzustellen, die einerseits für die Erarbeitung von Entwürfen für Gesetze und Verordnungen und andererseits für die Qualitätssicherung und deren Verbesserung notwendig sind. Auch im internationalen Zusammenhang erhebt zum Beispiel die OECD bei den Mitgliedsstaaten regelmäßig Informationen, die zur Umsetzung von Empfehlungen für Regulierungspolitiken beitragen sollen. Die Mitgliedsstaaten beantworten dafür einen Fragebogen mit mehr als 420 Fragen.
Schwerpunkt der Erhebung sind die Instrumente für Gesetzesfolgenabschätzung, Beteiligung der Betroffenen und Evaluierung. Künftig soll auch ermittelt werden, wie die Mitgliedsstaaten Übersicht und Qualitätsmanagement organisieren. Hierfür wurde an einer Erweiterung des Fragebogens gearbeitet.
Falsche Schlussfolgerungen vermeiden
Im Zusammenhang mit diesem Fragebogen wurden im Austausch mit dem Referat 133 und der OECD recherchiert, wie Informationen gesammelt und die Zusammenarbeit zwischen Fachleuten verbessert werden kann. Die Recherche während der Sachverständigenleistung hat ergeben, dass Fragebögen nicht ausreichend geeignet sind, die hierfür notwendigen Daten zu erheben bzw. daraus aussagekräftige Darstellungen oder gar Schlussfolgerungen abzuleiten. Zitate von erfahrenen Anwendern, die den Entwurf der OECD für die Erweiterung des Fragebogens testeten, waren:
P1: „Es ist mir leider nicht durchgängig gelungen, die Fragestellungen und das offenbar bei deren Formulierung zugrunde gelegte Vorverständnis zu erfassen.“
P2: „Die erbetene testweise Beantwortung der Fragen war mir nur in Ansätzen möglich. Ich fürchte, dass es später auch den zu einer Beantwortung des finalisierten Fragebogens aufgeforderten Bearbeitern so gehen wird und dies zu einem verfälschten bzw. nachteiligen Ergebnis führen könnte.“
P 2: „Leider war es mir auch nicht möglich, bei den einzelnen Fragen und Antwortvorschlägen durch eine bloße Umformulierung eine nachvollziehbare Abbildung der hiesigen Abläufe beim Rechtsetzungsverfahren zu erreichen.“
Sinnvolle Zusammenhänge herstellen
Informationen über Organisation und Umfang des Qualitätsmanagements lassen sich nur sinnvoll im Zusammenhang mit Informationen zum Regulierungsprozess selbst und zum Einsatz der genannten Instrumente nachvollziehbar darstellen und analysieren. Die leitende Fragestellung für den weiteren Arbeitsprozess lautete:
Wie können wir die Erhebung, Abbildung und Analyse von Daten im Kontext der Rechtsetzungsverfahren verbessern?
Um darauf mögliche Antworten zu finden waren ein exploratives Vorgehen und dementsprechende Methoden erforderlich. Das Gleiche gilt für ähnliche Aufträge innerhalb der Bundesregierung. Neben den herkömmlichen textlichen und graphischen Darstellungen wie Listen, Organigramme, oder Geschäftsverteilungspläne, sollten im Rahmen der Sachverständigenleistung neue Abbildungsmöglichkeiten entwickelt und getestet werden.
Recherche von möglichen Ansätzen
Als Inspiration dienten verschiedenste Abbildungen von Prozessen, die Menschen in Interaktion mit Produkten oder Systemen zeigen. Speziell im Bereich der Gestaltung von Diensten (Service Design) veranschaulichen „Nutzerreisen“ ein oder mehrere Nutzergruppen in verschiedenen Situationen z.B. im Alltag oder in einem Dienstleistungssystem. Darin kann vertieft werden, wie die Situation beschaffen ist, wer die involvierten Gruppen sind, welche Berührungspunkte es mit bestimmten Fragestellungen gibt und welche Bedürfnisse und Emotionen die Nutzergruppe jeweils hat.
Entwurf einer Vorgehensweise
Basierend auf dieser Recherche wurden eigene Ideen für die Analyse von Arbeitsprozessen in der Rechtsetzung entwickelt, die den vorparlamentarischen Entstehungsprozess eines Gesetzes fokussieren. Daraus resultierte ein erste Arbeitshilfe „Toolkit Verfahrensreise“, das auf Papier gedruckt, die Möglichkeit bietet, mit farblich verschiedenen Formen ausgewählte Prozesselemente modular abzubilden: Akteursgruppen und Einzelakteure, Prozessphasen, Zeiträume, Aktivitäten, Entscheidungen, Ergebnisse und qualitätssichernde Instrumente.
Testen der Methode im Workshop
Gemeinsam mit Mitarbeitenden des Bundeskanzleramtes (Stab Politische Planung, Referat 133) und des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz wurde die Arbeitshilfe in einem Workshop getestet. Das Ziel des Workshops bestand darin, die Expertise der Teilnehmenden interaktiv in die Abbildung des Rechtsetzungsprozesses einzubinden und spezifische Informationen zur Qualitätssicherung innerhalb der jeweiligen Verfahrensoptionen zu verorten. Anstatt eines umfangreichen Fragebogens, den häufig eine Person allein ausfüllt, wurde in zwei parallel arbeitenden Teams mit je 4 Personen einmal das spezifische Vorgehen in einem aktuellen Gesetzgebungsverfahren und im anderen Team ein generelles Vorgehen prototypisch abgebildet.
Überarbeitete Darstellung der methodischen Erhebung, Abbildung und Analyse von Daten
Die mit dem „Toolkit Verfahrensreise“ entstandenen Abbildungen wurden nach dem Workshop aufbereitet, digitalisiert und im Austausch mit Teilnehmenden (Stab Politische Planung, Referat 133, BMVJ) abgeglichen. Basierend auf der gemeinsamen Prozessanalyse und Erhebung von Daten unter Einbindung unterschiedlicher Perspektiven innerhalb der Bundesregierung, wurde überlegt welche vergleichende Darstellung für Rechtsetzungsprozesse in unterschiedlichen Regierungskontexten angebracht sein könnte.
Die folgende Darstellung wurde entwickelt, um parallele Aktivitäten und unterschiedliche Detailtiefen im Verlauf der Erstellung eines Gesetzentwurfes mit den beteiligten Akteuren, ausgewählten Entscheidungen, Prozessergebnissen und qualitätssichernden Instrumenten abzubilden.
Für den nationalen Kontext konnten durch Interviews im Workshop weitere wichtige Bedarfe identifiziert werden.
Datenqualität: Verlässliche, geprüfte Datensätze, nachvollziehbare Datenquellen, Transparenz im Bezug auf Verwendung und Bearbeitung, weil gesicherte Aussagen über Erfüllungsaufwand Voraussetzung sind, um unnötige Bürokratie abzubauen und Informationsverluste durch die Datenerhebung zu mindern, ergebnisoffen zu analysieren und zu interpretieren.
Verständlichkeit: Instrumente für bessere Verständlichkeit von Gesetzesentwürfen (über das Wort hinaus) und zielgruppenspezifische Aufbereitung, weil dadurch Datenkundigkeit und die Selbstverständlichkeit und Qualität im Umgang mit Daten gefördert werden können.
Zusammenarbeit: Mehr Kollegialität zwischen den Ressorts, weil Kooperationsfähigkeit eine Grundlage ist, um komplexe Zusammenhänge abzubilden und Zugeständnisse der (politischen) Auftraggeber zu erhalten, um freier und innovativer zu agieren.
Kriterien für die Eignung des methodischen Vorgehens im legislativen Kontext
Laut Evaluation der Workshopteilnehmenden eignet sich das methodische Vorgehen und die Arbeitshilfe „Toolkit Verfahrensreise“ für den weiteren Einsatz im nationalen und internationalen Rechtsetzungskontext durch Beschäftigte in Ministerien oder andere Personen, die z.B. nur sekundär beteiligt sind.
Die entwickelte Herangehensweise unterstützt das Entdecken von realen Abläufen und bietet einen qualitativen Einblick in unterschiedliche Systemlogiken. Die Instrumente können vielfältig eingesetzt werden, beispielsweise zur Selbstevaluation, zur parallelen Abbildung von SOLL- und IST-Zuständen oder im internationalen Vergleich von qualitätssichernden Instrumenten in der Regulierungspolitik.
Wichtig für die Arbeit damit ist die Definition der Aufgabenstellung und worauf hinzugearbeitet wird. Geklärt werden sollte, ob eine Kommunikation nach innen (detaillierter in der Organisation Prozesse verstehen) oder nach außen (Prozesse an nicht Beteiligte kommunizieren) angestrebt wird. Für eine repräsentative Abbildung sollten unterschiedliche Stakeholdergruppen eingebunden werden.
Sehr positiv wahrgenommen wurden die Zusammenarbeit in einer diversen Gruppe und die Verschränkung von Wissensbeständen. Als Mehrwert wurden die anschauliche Vergleichbarkeit der Prozesse und die auf der Abbildung basierenden Diskussionen heraus gestellt. Der Papierprototyp wurde als gute Grundlage bewertet, um darauf aufbauend eine digitale Version zu entwickeln.
Für die Zusammenarbeit sollte Zeit eingeplant werden und speziell im Bezug auf die qualitätssichernden Elemente der Austausch vertieft werden, damit besser verstanden werden kann, wer was wie und warum einsetzt (oversight). Das kumulative Vorgehen im Zusammenhang mit dem Toolkit wurde als sinnvoll und entlastend eingeschätzt.
Für die Weiterentwicklung könnte in der Bundesregierung eine prozessverantwortliche Gruppe gebildet werden, die neue Instrumente erschließt und testet, um zukunftsfähige Ansätze in der Rechtsetzung gezielt zu unterstützen und die Beteiligung in demokratischen Prozessen zu stärken. Sinnvoll wäre, die Arbeitshilfe „Toolkit Verfahrensreise“ um die entstandenen Darstellung „Legislativer Zyklus“ zu erweitern.
Anstatt der linearen Darstellung, die im Workshop erstellt wurde, könnten die Teilnehmenden direkt in ein kreisförmiges Format arbeiten. Damit würden einerseits ein visueller Überblick erstellt und andererseits maßgebliche Arbeitsschritte und Ergebnisse detaillierter beschrieben werden. Im nationalen und internationalen Vergleich könnte diese Art der Erhebung, Abbildung und Analyse von Daten das Verständnis und die Übersichtlichkeit einer prozessualen Qualitätssicherung für verschiedene Beteiligte in der Rechtsetzung unterstützen.
Ausblick
Das forschende Suchen nach neuen Erkenntnissen oder Lösungswegen setzt Neugier, Kreativität und Lust auf Erneuerung voraus. Speziell im Bereich der Erwachsenenbildung sind Herangehensweisen, die „Learning to know, to do, to be and to live together“ fokussieren von großer Bedeutung (Delors/UNESCO 1996). Um die Arbeitskräfte im Bereich der Rechtsetzung auf die aktuellen und kommenden Herausforderungen vorzubereiten, bedarf es einer Kompetenzaneignung, die von input-orientierten Managementansätzen zu output-orientierten Lernprozessen tendiert. Hierfür sind flexible Lernräume und Arbeitskulturen notwendig, die persönliche Potenzialentfaltung, offene organisationale Entwicklungen, kollektive Wissensgenerierung wertschätzen und sich explorativen, iterativen Möglichkeiten öffnen (Paulick-Thiel Junginger 2016).
Verändern lernen
Interessant für die Begleitung von Lernprozessen in politisch-administrativen Organisationen sind die Beziehungen zwischen den verschiedenen Dimensionen von Wissen und Fähigkeiten. Der Erwerb von neuen Kompetenzen ist mehr als die Addition verschiedener Wissensformen, sondern erfordert eine motivierende, willkürliche und soziale Bereitschaft (Weinert 2001) zu lernen und verschiedene Formen des Wissens zu nutzen, um Probleme zu lösen. „Schlüssel- und Meta-Kompetenzen“ enthalten typischerweise Aspekte von „Lernen lernen“ und „Umgang mit Ungewissheit“ (Winterton et al. 2006). Im Kontext von Bildung für nachhaltige Entwicklung wurde in Deutschland wurde der Begriff einer „Gestaltungskompetenz“ (De Haan und Harenberg 1999) geprägt, die verstanden wird als die Fähigkeit, Wissen über nachhaltige Entwicklung anzuwenden und Probleme nicht nachhaltiger Entwicklung zu erkennen und darauf basierende Entscheidungen treffen, verstehen und umzusetzen zu können, mit denen sich nachhaltige Entwicklungsprozesse verwirklichen lassen.
Persönliche und organisationale Weiterentwicklung zusammendenken
Für den Kompetenzerwerb kann zwischen passivem und aktiven Lernen sowie persönlichen und sozialen Lernen unterschieden werden (Stiglitz 2000). Dabei spielen die Explizierung impliziten Wissens und Empathie als neugierige und diplomatische Geisteshaltung (Sennett 2012) eine zentrale Rolle. Je öfter Mitarbeitende einer Organisation ihre Beobachtungen eines Handlungsvorgangs beschreiben und miteinander entscheiden können, ob dieser Handlungsvorgang verbesserungswürdig ist, desto schneller können bereits vorhandene Wissens- und Wertpotentiale genutzt, neu kombiniert oder erweitert und wirksam werden (Heitger 2004). Erwachsene brauchen neben expliziten Begründungen für die Erweiterung ihres Repertoires, Belege für die persönliche Weiterentwicklung. Neben dem kognitiven und dem praktischen Zugang zu einer Thematik bedarf es einer emotionalen Reflexion (Klein und Kiehne 2011).
Arbeitshilfe als Gestaltungsimpuls nutzen
Die im Rahmen der Sachverständigenleistung entwickelte Arbeitshilfe „Toolkit Verfahrensreise“ kann organisationale Lernprozesse mensch-zentriert und ko-kreativ unterstützen, wenn das Vorgehen wertschätzend begleitet wird und dafür legimitierte Experimentierräume und Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Die Zielrichtung ist dabei ebenso wichtig wie die Qualität der Arbeitsatmosphäre, um neues, organisational robustes Wissen zu entwickeln.
Für die Anwendung im eigenen Kontext können Sie uns gern kontaktieren: hello@politicsfortomorrow.de
Literatur
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