I-Lab Chat 2021

25
06
2021
Online-Veranstaltung
08:30 - 12:00 Uhr
GovLabAustria

Der I-Lab Chat am 25.06.2021 stand unter dem Motto „Organisation evidenzbasiert verändern – Verwaltungszukunft mitgestalten“. Das GovLabAustria durfte etwa 35 Teilnehmer:innen aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft, Industrie und Zivilgesellschaft begrüßen.

Der Druck zur digitalen Transformation der Verwaltung steigt kontinuierlich an und wurde durch die Covid19-Pandemie maßgeblich verstärkt. Die singuläre Digitalisierung von Prozessen führt oftmals unbemerkt zu einer passiven Organisationstransformation und bringt – neben den erhofften positiven Effekten – mitunter dysfunktionale Effekte mit sich, die sich nachhaltig negativ auf die Organisation und ihre Leistungen auswirken können.

Im Rahmen einer Paneldiskussion mit Peter Parycek (Donau-Universität Krems), Rubina Zern-Breuer (WITI – Universität Speyer) und Ursula Rosenbichler (BMKÖS) wurde dieses Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln, gemeinsam mit den Teilnehmer:innen des I-Lab Chat 2021, diskutiert. In vier Fokus-Workshops zu den Themen

  • Innovationsmessung und Beobachtung,
  • Organisation und Führung,
  • Dienstrecht und Datenschutz, sowie
  • Technologie, Arbeitsplatz und Gesundheit

wurde der Austausch mit den Teilnehmer:innen vertieft. Die daraus resultierenden Ergebnisse finden Eingang in das Reallabor-Projekt „Future of Work – Mobiles Arbeiten in der österreichischen Bundesverwaltung“.

Nähere Informationen zu den einzelnen Sessions finden Sie unter den Menüpunkten rechts.

Impulsreferate

Im Zuge des Panels gab es drei Impulsreferate von Peter Parycek (Donau-Universität Krems), Rubina Zern-Breuer (WITI – Universität Speyer) und Ursula Rosenbichler (Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport) zum Thema der Transformation der öffentlichen Verwaltung.

Impuls Peter Parycek

Die derzeit größte Herausforderung liege in der Gestaltung der zukünftigen Arbeitswelt, so Peter Parycek. „Wir werden zukünftig wesentlich flexiblere Arbeitszeitmodelle brauchen“, da sonst die Befürchtung bestehe, dass die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer:innen nachlassen oder auch der Job gewechselt werde. Zudem sei die Digitalisierung in weichen Bereichen, wie etwa die Arbeitskultur, eine besondere Herausforderung für die Verwaltung. Es müssen daher neue Arbeitskulturen und -methoden geschaffen werden. Gerade die Forderung seitens der Arbeitgeber:innen nach zwei bis drei Tagen Homeoffice könne zu einer massiven Demotivation der Arbeitnehmer:innen führen sollte, wenn die Mitarbeiter:innen erneut die Büros beziehen. Neue Talente werden daher möglicherweise nicht angesprochen. Auch die Hierarchie kann hier ein Stolperstein sein.

Kontakt: peter.parycek@donau-uni.ac.at

Impuls Rubina Zern-Breuer

Rubina Zern-Breuer berichtete über die Erkenntnisse aus ihrer Arbeit mit dem Innovations-Rekorder, einem Umfrage-Tool für Mitarbeiter:innen der Verwaltung in der DACH-Region, das Veränderungsprozesse in der Pandemie evidenzbasiert dokumentiert. Inspiriert vom Innovationsbarometer des dänischen Zentrums für öffentliche Innovationen, das die Innovationskraft und Adaptivität der öffentlichen Verwaltung misst, setzt sich ein sektorübergreifendes Team bereits länger mit einer Übertragung auf den D-A-CH-Kontext auseinander. Basierend auf quantitativen und qualitativen Elementen, arbeitet das Tool etwa mit reflexiver Selbsteinschätzung und einem werteorientierten Ansatz und konzentriert sich auf die Potenziale der öffentlichen Verwaltung: So gaben von den etwa 300 Rekorder:innen der ersten Runde im Jahr 2020 ca. 30% an, dass neue Formen der Zusammenarbeit ausprobiert werden sollten, um die Verwaltung zu verändern. Neben der Schaffung von Freiräumen wünschten sie sich bspw. zukünftig eine neue Vertrauens- und Führungskultur. Home Office solle beibehalten werden, so der Großteil der Rekorder:innen. Dafür, so Zern-Breuer, müssten jedoch auch die entsprechenden Strukturen und Ressourcen bereitgestellt werden.

Kontakt: zern-breuer@uni-speyer.de

Impuls Ursula Rosenbichler

Ursula Rosenbichler widmete sich den Phänomenen und Herausforderungen eines Transformationsprozesses: Die Ausnahmesituation „Corona“ war und ist ein Beschleuniger und Inkubator in der Organisationstransformation; für viele ein willkommener Gamechanger. Man habe realisiert, dass man Dinge tun könne, von denen man vorher gar nicht gewusst hat, dass sie möglich wären. Diese Ausnahmesituation hat die Organisation, deren Führung und jede/jeden einzelne/n gefordert und – krisenadäquat – Veränderung angetrieben, aber auch auf vieles zurückgreifen lassen, dass routiniert und robust abrufbar war. Dies hat das Funktionierten in der Krise über weite Strecken garantiert. Die Weiterentwicklung kann nun weder auf den Krisenstrukturen und -handlungen aufsetzen noch eine überholte Vergangenheit als Zukunftsmodell postulieren. Aus den vergangenen Monaten zielorientiert zu lernen ist ein Chance für den Öffentlichen Dienst den notwendigen Schritt in die Zukunft zu machen und reflexiv und zielorientiert die Annahmen und Behauptungen, die nun Platz greifen, zu hinterfragen, zu überprüfen und zu konsolidieren. An der Diversität des öffentlichen Dienstes und seiner Funktionalität können die vielen Empfehlungen reifen. Dazu braucht es Reflexions- und Experimentierräume, um evidenzbasiert Veränderungsprozess in Gang zu halten.

Kontakt: ursula.rosenbichler@bmkoes.gv.at

4 Breakout-Sessions mit unterschiedlichen Schwerpunkten

Um auf das Wissen und die Erfahrungen der Teilnehmer:innen des I-Lab Chats zugreifen zu können wurden vier Breakout Sessions abgehalten. Den Teilnehmer:innen wurde freigestellt welche Breakout Sessions sie besuchen wollen. Jede dieser Breakout Sessions hatte unterschiedliche Schwerpunkte. Im Folgenden werden kurz die diskutierten Inhalte präsentiert.

Breakout-Session 1: Evidenz schaffen, Messung und Beobachtung

Diese Gruppe widmete sich den Themenbereichen Innovationsmessung und -beobachtung. Zentral war hierbei der Zweck der Innovationsbeobachtung sowie die Frage, warum Innovationen funktionieren oder eben auch nicht.

Laut den Teilnehmer:innen liegt der Zweck der Innovationsbeobachtung im Ermöglichen von Schnittstellen, in der Verifizierung und Validierung von Informationen (niederschwellig), der Schaffung von Innovation für die Bürger:innen sowie darin, zu lernen, sich selbst ein klares Bild zu machen sowie schnell reagieren zu können.

Gründe, warum Innovation (nicht) funktioniert inkludieren

  • Innovation muss zur Kultur passen,
  • Angst vor Emotionen behindert (daher soll ein Raum für Bedürfnisse geschaffen werden) und
  • manche Innovationen scheitern ganz einfach nur an der Politik.

Das Fazit jedoch war, dass Transparenz gewinnt.

Breakout-Session 2: Organisation und Führung

Zentrale Themen dieser Arbeitsgruppe waren Arbeitsplatzorganisation, Arbeitsprozesse, Führung und Personal. Unter anderem wurden auch Empfehlungen für die Transformation erarbeitet. Hierbei wurden folgende Punkte genannt:

  • von der Pull-Organisation zur Push-Organisation werden
  • Technische Grundlagen schaffen, um Digitalisierung und Technisierung gestalten und nutzen zu können (zum Beispiel Register-Harmonisierung)
  • Vertrauen, Vertrauensaufbau und Kommunikation mit Mitarbeiter:innen partizipativ gestalten (Achte auf differenziertes Verständnis von Vertrauen; Vertrauen steht im Zusammenhang mit Sinn und Ziel der Organisation)
  • Personalführung Output-orientiert steuern, das braucht und Vorschussvertrauen, Transparenz in den Arbeitsprozessen
  • Arbeit und ihre Lieferprozess neu gestalten, gemeinsam. (Transparenz der Prozesse und Wege, die wir beschreiten, Lesbarkeit der Prozesse  = Verstehen der Prozesse, Prozess-Literacy der Mitarbeiter:innen)
  • Suche nach den richtigen Personen am richtigen Platz
  • Qualität, Fähigkeiten und Fertigkeiten der/s Einzelnen in die Kollaboration hineinbekommen, Bedeutung des Einzelnen nicht außer Acht lassen und den Mehrwert der Teamarbeit fördern: 1 +1+1=4 (P. Senge)
  • Führung hat die Ziel- und Leistungs-Beurteilung kompetent zu managen
  • Wirkungstoleranz aufbauen und Wirkungssteuerung gewährleisten
  • Methodenvielfalt und Nutzen von Experimentierräumen.

Wir haben es geschafft, wenn Prozesse, Führung, Mitarbeiter:innen, Interaktionen und Kommunikationen sich von den Behauptungen, wie es funktioniert, emanzipiert haben und divers gestaltete Wege in eine robuste Arbeitszukunft, die den Mitarbeiter:innen und der Organisation gleichermaßen gerecht wird, gemeinsam gestaltet werden können.

Breakout-Session 3: Dienstrecht, Sicherheit und Datenschutz

Diese Arbeitsgruppe widmete sich den Themenbereichen Sicherheit, Datenschutz und Dienstrecht. Eingangs wurden für ein gemeinsames Verständnis Begriffsdefinitionen (z.B. Homeoffice, mobiles Arbeiten, Telearbeit, Erbringen der Dienstleistung von zu Hause aus…) erläutert und diskutiert. In vielen Bereichen ist die erforderliche Flexibilität des Dienstrechts des Bundes gegeben, jedoch ergeben sich Herausforderungen im Hinblick auf die Kommunikation generell sowie den Zeitpunkt von Entscheidungen und deren Kommunikation (vgl. Fragestellungen zu (rechtlichen) Herausforderungen beim Einsatz von Videokonferenz- bzw. Kommunikationstools). Darüber hinaus wurden Zukunftsvisionen erarbeitet:

  • Steigerung der Attraktivität des Dienstgebers durch die Ausgestaltung hybrider Arbeitsplätze (Verschiebung der Anforderungen an einen Arbeitsplatz durch „jüngere Generationen“)
  • Herausforderungen bei Neuaufnahmen im Hinblick auf hybrides Arbeiten
  • Flexibilität im Hinblick auf Dienstort und Dienstzeit (z.B. bei gleitender Dienstzeit Reduktion der Blockzeit)
  • Dienstrechtlicher Rahmen muss gewährleistet sein
  • Verpflichtung (insbesondere des Dienstgebers) zur Flexibilität prüfen und gegebenenfalls vorsehen
  • Aspekt der Nachhaltigkeit bei Dienstreisen stärker in den Fokus rücken (auch im Sinne der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit) unter Berücksichtigung der Wichtigkeit des physischen (Erfahrungs-)Austausches sowie der Möglichkeiten zur Vernetzung
  • Verbesserung der Vernetzungsmöglichkeiten im digitalen Raum auch im Sinne einer geschützten Sphäre
  • Vereinbarkeit von Beruf und Familie erhöhen, Familienfreundlichkeit steigern
  • Vereinbarkeit von bzw. Trennung zwischen Privat- und Berufsleben konkretisieren („Recht auf Nichterreichbarkeit“)
  • Mindestvorgaben im Hinblick auf die Interessenabwägung zwischen Dienstgeberinteressen und Interessen der Bediensteten festlegen
  • Umstellung nach Möglichkeit auf elektronische Abläufe und Abwicklung
  • Vereinheitlichung von rechtlichen und technischen Vorgaben (möglichst stellenübergreifend, etwa bezüglich Nutzung und Einsatz von Videokonferenz- und Kommunikationstools)
  • Datenschutz, Datensicherheit und gegebenenfalls Informationssicherheit gewährleistende Tools nach Möglichkeit stellenübergreifend im öffentlichen Dienst nutzen (auch im Sinne der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit)
  • Standards für Events und Veranstaltungen der Zukunft festlegen, um künftig auch bei Präsenzveranstaltungen eine hybride Teilnahmen / Onlineteilnahme zu ermöglichen (anspruchsvolle Neuerarbeitung rechtlicher Rahmenbedingungen, Nutzbarmachen von Erfahrungswerten und erarbeiteten Musterdokumenten)

Breakout-Session 4: Technische Ausstattung und Gesundheit

Im Zentrum dieser Arbeitsgruppe standen Fragen zur technischen Ausstattung zukunftsorientierter Arbeitsplätze sowie zu den Auswirkungen neuer Formen der Arbeit auf die Gesundheit der Arbeitnehmer:innen. Eine Zukunftsvision wurde skizziert welche folgende Elemente umfasste:

  • Bereitstellung geeigneter Hardware welche mobiles und kollaboratives Arbeiten über Organisationsgrenzen hinweg ermöglicht
  • Bereitstellung leichter leistungsstarker Geräte inkl. Peripherie für den mobilen Gebrauch
  • Schaffung der Voraussetzung für „Bring Your Own Device“-Infrastruktur; in Ergänzung eines Standardangebotes
  • Bereitstellung von Docking Stations am Arbeitsplatz, welche die Arbeit an großen Monitoren ermöglichen; Bereitstellung von Docking Station für den Heim-Betrieb
  • Weiterentwicklung traditioneller Konferenzräume zu Multifunktionsräumen die kollaboratives Arbeiten unterstützen
  • Bereitstellung einer Office-Suite die Kollaboration im virtuellen Raum in Form eines integrativen Ansatzes über Organisationsgrenzen hinweg unterstützt
  • Um möglichen Sicherheitslücken vorzubeugen ist ggf. eine Ausdifferenzierung zwischen der organisationsinternen, bundesinternen und öffentlichen Kommunikation (Videokonferenz und Kollaboration) vorzunehmen
  • Bundeseinheitliche Standards und idealerweise auch Softwarelösungen, die sich an den führenden Anbietern orientieren (keine leistungs- und funktionsschwachen Eigenentwicklungen) sind für eine zukunftsorientierte effektive Bundesverwaltung zwingend erforderlich
  • Ergonomisch gestaltete Arbeitsplätze, die sowohl der veränderten Anwesenheitsstruktur (mehr mobiles Arbeiten) sowie den diversen Arbeitsanforderungen (Kollaboration im Team, konzentrierte Einzelarbeit, etc.) gerecht werden
  • Führungskräfte und Mitarbeiter:innen sollten in Entwicklungs- und Implementierungsprozesse proaktiv eingebunden werden
  • Führungskräfte und Mitarbeiter:innen müssen bei Implementierungsprozessen begleitet und in die neuen Arbeitsformen und Möglichkeiten eingewiesen werden (Handbücher, Kurzvideos, Schulungen)

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